Den Stand der Entwicklung des Google Assistant, der im smarten Lautsprecher Google Home steckt, der seit Juli in Deutschland erhältlich ist, hat Behshad Behzadi auf dem Google Developer Forum 2017 demonstriert (Video). Wir haben uns Gedanken gemacht, ob und wie die geplanten Entwicklungen für einen Einsatz im Unternehmen taugen und wo Probleme entstehen könnten.
Mein erstes Fazit lautet: Das sind spannende Dinge, die bei Google für den Assistant in Vorbereitung sind. Faszinierend ist vor allem zu sehen, was funktioniert, wenn Google Assistant über den Kontext einer Frage verfügt. Da das System auf die Google-Suche zugreifen kann, ist es in der Lage, erstaunliche Antworten zu liefern. Umgekehrt ist es interessant zu sehen, wo er patzt, wenn etwa der Kontext fehlt oder welche Dinge ihn sonst noch verwirren. Spannend wird sein, in welche Richtung Amazons Alexa weiterentwickelt wird.
Google Assistant: Kontext is King
Ein Beispiel: Sucht man schlicht nach Bildern von „Thomas“, kann der Google Assistant damit wenig anfangen. Hat man aber vorher nach dem FC Bayern gefragt, weiß das System, dass vermutlich Bildern von Thomas Müller gefragt sind und liefert entsprechende Ergebnisse.
Beeindruckend werden die Ergebnisse in der Vorschau, wenn der Nutzer vorher Parameter eingegeben hat. Etwa sein Lieblings-Sport-Team definiert hat, denn dann bekommt er Antworten auf die Frage, wie denn „mein Team“ gespielt habe. Definiert man auf ähnliche Weise Produkte, Teile, Standorte oder Accounts, lässt sich Einsatz von Google Assistant in Unternehmen sehr gut als Pendant zur Google Custom Search vorstellen.
Kombiniert mit der Smartphone-Kamera kann der Google Assistant demnächst auch selbst „erkennen“, worauf sich eine Frage bezieht und qualifiziert Antwort geben.
Systemerweiterungen a la Skills: Google Actions
Seit letzter Woche lässt sich der Google Assistant auch in Deutschland mit Actions erweitern. Google Actions sind ein Pendant zu Amazons „Skills“ – den Erweiterungen für Alexa. Mit Hilfe der Google Actions können Anwender per Sprachbefehl auf Angebote anderer Unternehmen und von Google Partnern wie Zalando und TV Spielfilm zugreifen. Die Blog-Kollegen von homeandsmart.de liefern einen kleinen Überblick an Partnern, die Google Actions zur Verfügung stellen. Google Assistant selbst ist auf nahezu allen neuen Android Smartphones vorhanden und hat damit einen entscheidenden Verbreitungs-Vorteil.
Künstliche Assistenten: Im Lausprecher und Smartphone
Ein Problem für alle sprachgesteuerten Assistenten sind nach wie vor starke Hintergrund-Geräusche, daher ist sein Einsatz über Spracherkennung in lauten Produktions- oder Lagerstätten eher ungünstig. Letztlich ist das aber ein sympathischer, menschlicher Zug der künstlichen Intelligenz – schließlich hören und verstehen Menschen in lauten Umgebungen ja auch nicht gut.
In Umgebungen mit mäßigen Hintergrundgeräuschen ist der Google Assistant gut einsetzbar, mit allen Einschränkungen, die solche Umgebungen – wie etwa geteilte Büros – haben: viel Gerede nervt, ganz gleich, ob es die Kollegen untereinander, am Telefon oder eben mit ihrem Google Assistant sind. Aber dafür gibt es ja auch noch Tastaturen.
Der Mitbewerber Amazon liefert mit seinen Echo-Produkten eigene Hardware, die den Zugriff auf Amazons Assistentin „Alexa“ ermöglicht – sozusagen der Google Assistant von Amazon. Die Hardware von Amazon gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen; spannend verspricht Amazons Echo Show zu werden, die neue Version mit Display, die in Vorbereitung ist und am 16. November 2017 in Deutschland erscheint.
Alexa: Schnelle Konfiguration bevor der Spaß beginnen kann
Der Zugang zum Ökosystem von Amazons Echo-Familie erfolgt über die Alexa-App fürs Smartphone. Dort nimmt man alle wesentlichen Einstellungen vor, etwa welcher Musikdienst verwendet werden soll. Beispielsweise wählt man auch seine Nachrichtenquellen aus, die Alexa dann auf Zuruf vorlesen kann. Die Quellen für die News-Funktion sind RSS-basierte Apps, „Skills“ genannt, die sich mit einem Amazon Developer Account erstellen lassen. Wie jedes andere System auch, muss also Amazons Alexa und die zugehörige Hardware – die Echo-Hardware – zunächst konfiguriert werden. Sobald man das gemacht hat, kann es los gehen.
Amazons Echo Dots werden mit passenden Skills auch zur Steuerungszentrale für das Smart Home. Vor allem, wenn mehrere Dots in verschiedenen Räumen sind, kann das Spaß machen – Beleuchtung und Temperatur regeln, je nachdem, wie weit das Smart Home schon mit entsprechenden Endgeräten ausgestattet ist.
Alexa steht (noch) auf sorgfältige Wortwahl
Was bei jedem geht, ist die Musikbeschallung. Hierfür greift Alexa auf die Amazon Musikdienste zu, die Radio-Streams von TuneIn oder auf das Spotify-Konto; dass sich die Lautstärke auf Sprachbefehl hin regeln lässt, ist selbstverständlich.
Genauso lassen sich Nachrichten vorlesen; in unserem Test mochte Alexa leider das Wort „Nachrichten“ nicht und bestand auf dem Ausdruck „News“. Zwar scheint Amazons Alexa hier ein bisschen wählerisch zu sein, wenn man aber in Betracht zieht, dass „Nachrichten“ ja sowohl aktuelle Berichte wie auch E-Mails und Textnachrichten sein können, hat Alexa schon recht, hier auf einen genauen Ausdruck zu bestehen. Andererseits könnte ein echtes intelligentes System schlicht nachfragen, wenn etwas unklar sein sollte.
Vorteil für Unternehmen: Ein Ausweg aus dem „Content Shock“?
Für Unternehmen bietet die Vorlesefunktion interessante Vorteile. Denn durch den Content Shock – dem Phänomen, dass immer mehr Content produziert wird – wird es als Unternehmen immer schwieriger, das passende Publikum mit eigenen Themen zu erreichen oder bei Google für bestimmte Stichworte hoch gerankt zu werden.
Amazons Erweiterungen, die Skills für Alexa, kann man als einen neuen Vertriebskanal für relevante Unternehmens-News verstehen: Denn Skills lassen sich leicht programmieren und werden potenziell von den Kunden abonniert, die an spezifischen Unternehmensnews interessiert sind – seien es Produktnews oder Börsennachrichten. Ein Vorteil hierbei ist, dass Alexa bevorzugt, was neu ist – altes wird aussortiert und nicht mehr vorgelesen. Die Entscheidung darüber, was „alt“ sei, basiert technisch gesehen auf dem RSS-Datum in den Feeds, aus dem Alexa ihre Informationen bezieht.
Unaufhaltsam – trotz Tücken der neuen Technik
Smart Home, Musik, Nachrichten, Fotos und Telefonate – alles gesteuert über Sprache: Wenn man gedanklich einen Schritt zurücktritt und sich an den Stand der Technik von vor etwa 25 Jahren erinnert, kommt einem dieser Stand der Dinge schnell wie Science Fiction vor. Zum Weihnachtsfest werden jedenfalls zahlreiche smarte Lautsprecher unter dem Weihnachtsbaum liegen. Die kleinen Wunderboxen von Amazon und Google mit den dahinter stehenden KI-Systemen Google Assistant und Amazon Alexa sind neben Microsofts Cortana und Apples Siri die ersten konkreten Anwendungsfälle künstlicher Intelligenzen für eine breitere Zielgruppe als nur Smartphone-Nutzer. Noch hat die Technik ihre Tücken und es kann ratsam sein, „Alexa“ umzubenennen, selbst wenn man keine Tochter dieses Namens hat. Denn sonst bestellt Eric Theodore Cartman (Hauptfigur der Animationsserie „Southpark“) per Fernseh-Ton über Alexa und Amazon One Click mal eben etwas, das man gar nicht haben wollte.
theverge.com: South Park trolls Amazon Alexa owners in this week’s episode
golem.de: South-Park-Folge nimmt Alexa und Google Assistant ins Visier
Hier ist Google Home erhältlich:
MediaMarkt, Saturn, mobilcom-debitel, Conrad, Cyberport, Tink, EP, Medimax, Otto und im Google Store
Echo-Hardware direkt bei Amazon:
Echo Show und ein Vergleich aller erhältlichen Echo-Geräte
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag des Kommunikations-Profis Markus Krause, der in lockerer Folge als Gast-Autor für unser Agentur-Blog schreibt.